Vom Alpkäse zum Klimawandel: Wenn Kinder Zusammenhänge selbst entdecken
27.05.2025

 
Was hat ein fehlendes Käsebrötchen mit dem Klimawandel zu tun? Im Naturpark Beverin wird dieser Zusammenhang zum Ausgangspunkt für entdeckendes Lernen. Samirah Hohl, Projektleiterin BNE, erzählt im Interview, wie das Mystery «Wo bleibt der Käse?» in Zusammenarbeit mit éducation21 entstanden ist, warum echte Orte wie die Alp Curtginatsch so wertvoll fürs Lernen sind und was sie dabei überrascht hat. 

Samirah Hohl, warum haben Sie gemeinsam mit éducation21 das Mystery «Wo bleibt der Käse?» erarbeitet, das im Naturpark Beverin verortet ist?
Das Mystery klang spannend, aber meine Kollegin Silvana Sachs und ich kannten das Konzept in dieser Form noch nicht. Daher konnten wir durch die Erarbeitung viel lernen. Besonders gut an der Methode ist, finde ich, dass, die Lernenden selbst Zusammenhänge schaffen und Fakten nach ihrer Relevanz gewichten müssen. Dies wird in anderen, besonders schulischen Lernsituationen manchmal etwas weniger gewichtet, ist aber eine sehr wichtige Fähigkeit. 

Und warum das Thema Wasserknappheit und Käseproduktion? 
Wir fokussieren in unserer Bildungsarbeit auf Themen der Nachhaltigen Entwicklung mit Bezug zu unserer Region. Wasser ist bei uns aus verschiedenen Gründen sehr präsent (Schluchten, Wasserkraft, Quellen, …). Den Aspekt der Wasserknappheit brachten wir ein, da er einerseits sehr aktuell ist auf der Alp Curtginatsch und auch, da wir das Thema Klimawandel aufgreifen wollten. 

«Besonders gut an der Methode ist, finde ich, dass, die Lernenden selbst Zusammenhänge schaffen und Fakten nach ihrer Relevanz gewichten müssen.»

Das Mystery spielt im Naturpark Beverin und beruht auf vielen realen Projekten, Orten und Situationen. Dies vereinfachte uns einerseits die Arbeit, da wir uns hier bereits gut auskannten und nicht bei null mit recherchieren beginnen mussten. Es bietet auch einen Mehrwert für die Lernenden aus der Region des Naturparks Beverin, da sie so die Alp und den Käse von dort kennen lernen und wichtige Zusammenhänge direkt anhand ihrer eigenen Lebenswelt entdecken können. Und zuletzt bietet die Alp Curtginatsch dank dem kleinen Wasserkraftwerk, der Alpwirtschaft und der Vermarktung von Alpkäsebrötchen in Bäckereien im Tal wie z. B. in Chur, dem Moorschutzgebiet, den Quellen, der Realität von teils trockenen Sommern, usw. einfach sehr viele Möglichkeiten und Anknüpfungspunkte, um Themen der Nachhaltigen Entwicklung zu vermitteln und miteinander zu verknüpfen.

Welche Vorteile bietet ein solches Angebot Ihnen als ausserschulischer Akteur, aber auch den Schulen und Lehrpersonen? 
Für uns ist es ein gutes Werkzeug, um lokale Themen anschaulich zu vermitteln. Die Lernenden können dank der Mystery-Rahmengeschichte einen Bezug von neuen, teils sehr komplexen Themengebieten zur eigenen Lebenswelt schaffen. So schafft das Mystery einen nachvollziehbaren Link von einem versiegenden Bergbach bis ins Schulzimmer eines 12-jährigen Kindes, das heute zum Znüni vielleicht nicht mehr sein Lieblings-Alpkäsebrötchen essen kann. Im Mystery werden viele verschiedene Themen miteinander verknüpft. Das bietet den Lehrpersonen Anknüpfungspunkte, um diese Themen im NMG-Unterricht weiter zu vertiefen. Die Lehrperson muss sich vor der Durchführung im Unterricht etwas Vorwissen zur Methodik und zu den Inhalten aneignen. Das Dossier zum Mystery bietet hier aber eine gute Zusammenstellung.

«Für uns ist es ein gutes Werkzeug, um lokale Themen anschaulich zu vermitteln.» 

Sie haben das Mystery in der Entwicklungsphase mit Schülerinnen und Schülern und ihren Lehrpersonen getestet. Was waren die wichtigsten Erkenntnisse?
Wir haben es für Zyklus 2 entwickelt, doch es kann gut auch bis in die Oberstufe genutzt werden. Für eine 5. Klasse war es teils schon recht anspruchsvoll, da sie die Methodik und teils auch die inhaltlichen Themen noch nicht kannten. Andererseits liegt hier drin auch gerade der Wert von Mysterys: Die Kinder müssen lernen, sich auf die Leitfrage zu fokussieren, um sich nicht in den vielen Informationen zu verlieren. Sie lernen, wie sie Informationen in einem Mindmap darstellen können (was für sie teils auch eher neu war).

Es hilft, wenn die Lehrperson (welche die Mystery-Methode in unserem Fall vorher auch nicht kannte) versteht, dass das Mystery eben nicht nur als «Lernkontrolle», sondern auch gezielt als Präkonzepterhebung eingesetzt werden kann. Sie sieht, was die Kinder schon verstehen und verbinden können und wo sie in ihrem Unterricht in den nächsten Wochen noch einen Fokus legen kann.

«Die Kinder müssen lernen, sich auf die Leitfrage zu fokussieren, um sich nicht in den vielen Informationen zu verlieren.»

Gab es überraschende Rückmeldungen?
Wir erwarteten, dass die Kinder in unserem Bergtal mehr Vorwissen zur Alpwirtschaft haben, was in dieser spezifischen Klasse aber nicht der Fall war. Daher ergänzten wir das Dossier nachher mit einigen kurzen Dok-Filmen zur Alp, welche wir dank der Zusammenarbeit mit der Schweizer Berghilfe im Rahmen eines anderen Projekts bereits erstellt hatten. So können sich Schülerinnen und Schüler wie auch Lehrpersonen überall in der Schweiz ein Bild von unserer Alp Curtginatsch machen, bevor sie vertieft ins Mystery dazu eintauchen.

Welches Thema würden Sie gerne noch in einem Mystery thematisieren?
(Nachhaltige) Mobilität wäre ein spannendes Thema.
 

Mystery «Wo bleibt der Käse?» »

Partner/in: Naturpark Beverin
Stufe: Zyklus 2
Sprachen: Deutsch, Französisch, Italienisch, Räteromanisch

Morgen auf der Alp Curtginatsch. Der Tag erwacht, doch auf der Alp bleibt es dunkel. Kein Licht, kein Summen aus dem Stall – bis plötzlich ein lautes Knattern ertönt: Der Dieselgenerator springt an, die Lichter flackern auf, die Käseproduktion beginnt.

Sennin Janine und Hirte Marc sind erleichtert – der Strom fliesst. Doch früher kam er leise und sauber: aus einem kleinen Wasserkraftwerk im nahen Bach. Seit letzten Sommer führt der jedoch kaum noch Wasser. Weshalb könnte Laurin sein Alpkäsebrötchen in der Bäckerei Merz in Chur nicht mehr kaufen, wenn der Bach auf der Alp Curtginatsch versiegen würde?

Das BNE-Mystery dreht sich um das Thema Wasserknappheit in den Bergen am Beispiel der Alp Curtginatsch im Naturpark Beverin. Die Schülerinnen und Schüler lösen das Rätsel, um Zusammenhänge zwischen Alpbetrieb, Klimawandel und Wasserressourcen im lokalen und globalen Kontext zu erkennen.

Zum Angebot

     

Der Naturpark Beverin macht Lernen zum Erlebnis

Im Herzen Graubündens, rund um den imposanten Piz Beverin (2998 m ü. M.), liegt der Naturpark Beverin – eine vielfältige Natur- und Kulturlandschaft, die sich über vier Talschaften erstreckt. Zwei eigenständige Siedlungsräume mit unterschiedlicher Sprache und Geschichte machen die Region besonders spannend. 

Der Naturpark Beverin setzt sich als Dienstleister, Vermittler, Koordinator und Wissensträger für die Anliegen der Region ein. Zusammen mit der Bevölkerung und verschiedenen Partnern arbeiten die Mitarbeitenden innerhalb der Themen der Nachhaltigkeit, Natur, Wirtschaft und Gesellschaft sowie Energie, Mobilität und Forschung.

Ideal für Schulklassen : Der Naturpark unterstützt Lehrpersonen tatkräftig bei der Planung und Durchführung von Projekttagen und Projektwochen. Ob Naturbeobachtungen, kulturelle Entdeckungsreisen oder Lernprojekte zur lokalen Wertschöpfung – die zahlreichen Erlebnis- und Lernorte bieten unzählige Möglichkeiten für inspirierenden Unterricht ausserhalb des Klassenzimmers.

     

Über Samirah Hohl

Samirah HohlSamirah Hohl ist seit 2019 Projektleiterin Bildung für Nachhaltige Entwicklung im Naturpark Beverin.