Team, Training, Thema, Talent – Mit dem 4T-Modell zu einem etwas anderen Stundenplan
Eine offen(ere) Lernform als Antwort auf die steigende Heterogenität in Schulklassen
Kurzbeschrieb
Die steigende Heterogenität in Schweizer Schulklassen fordert Lehrpersonen in ihrem Schulalltag zunehmend. Individuelle Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler, unterschiedliche Lerntempi oder zusätzliche Förderprogramme zwingen Lehrpersonen zur Differenzierung und Individualisierung ihres Schulunterrichts. Das «4T-Modell», entwickelt von der Lehrperson Pascal Buchmann aus Neftenbach (ZH), soll Lehrpersonen im Umgang mit dieser Heterogenität in Schulklassen unterstützen. Das «4T-Modell» rhythmisiert den Schultag in eine Team-, Training-, Themen-, und Talentzeit. Ziel dieser offen(eren) Lernform ist es, Schülerinnen und Schüler in ihren Stärken und Potentiale, der Selbständigkeit und Kreativität zu fördern und zu unterstützen. Neben dem individuellen Lernen und dem Verfolgen eigener Interessen, lernen die Schülerinnen auch von- und miteinander.
Bildungsziele
Bildungsziele der Schule
- Eine 4K-basierte (Kreativität, Kommunikation, Kollaboration und kritisches Denken) Lernumgebung schaffen und gestalten.
- Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler abzuholen und einzubinden in die Weiterentwicklung, der gesamten Schule, aber auch der Schülerinnen und Schüler selbst.
Bildungsziele für Schülerinnen und Schüler
- Schülerinnen und Schüler in ihren personalen, sozialen und methodischen Kompetenzen fördern.
- Schülerinnen und Schüler im Bewusstwerden und im Umgang mit ihren Stärken und Schwächen unterstützen und fördern.
- Wirksame Schülerinnen und Schüler haben, die wissen, dass – und v. a. wie – sie durch ihre eigene Überzeugung oder Anstrengung, Hürden überwinden und dies selbst umsetzen können.
Besondere Stärken
- Einfache Umsetzbarkeit
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Das «4T-Modell» kann von allen Schulklassen, ohne besondere Voraussetzungen oder Adaptionen, übernommen werden. Wird das «T4-Modell» als längerfristiges Projekt antizipiert, besteht die Möglichkeit, Bedürfnisse aller Beteiligten einzubauen und das Modell dementsprechend anzupassen.
- Modularer und zeitlich flexibler Einsatz
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Das 4T-Modell kann modular eingesetzte werden. Das heisst, Lehrpersonen können die vier Phasen Team, Training, Themen und Talent losgelöst voneinander und flexibel in der Zeit einsetzen. Zudem bieten die vier Phasen genügend Raum, für weitere Methoden und Lernformen.
- Umgang mit Heterogenität
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Das «4T-Modell» ermöglicht eine innere Differenzierung. Dabei werden die Schülerinnen und Schüler in ihrer Kreativität gefördert und sie können Freiräume, für selbständiges Lernen im eignen Tempo, nutzen.
- Förderung von BNE-Kompetenzen
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«T4-Modell» leistet einen wichtigen Beitrag für eine Bildung für nachhaltige Entwicklung. BNE-Kernkompetenzen, wie Kreativität, Kooperation und Partizipation werden eingeübt und gefördert.
Planung und Durchführung
Individuelle Reflexionsphase
Bevor eine Lehrperson das «T4-Modell» in ihren Unterricht integriert, sollte sie sich ihrer persönlichen Haltung gegenüber einer Unterrichtsgestaltung bewusstwerden:
- Wie gestalte ich meinen Unterricht bisher? Was sind Stärken /Schwächen?
- Welche Kriterien (aktiv entdeckendes Lernen, Individualisierung, Projektarbeit u.a.) sind mir persönlich wichtig?
- Welche Chancen und Hürden sehe ich in meiner Unterrichtsgestaltung?
- Welche förderlichen und hinderlichen (äussere) Strukturen beeinflussen meine Unterrichtsgestaltung?
Einbezug des «T4-Modells» planen
Die Lehrperson sollte sich in einem ersten Schritt mit dem modularen «T4-Modell» vertraut machen. Je nach Zeit, Ressourcen, Interesse und äusseren Strukturen kann vorerst auch nur eine Phase eingeplant und durchgeführt werden. Wichtig für die Auswahl und Gestaltung der T-Phasen ist der Einbezug der Bedürfnisse der Klasse, wobei sich die Frage nach dem «warum?» stellt – Warum eignet sich die Team-Zeit besser als die Themen-Zeit? Warum legen wir den Schwerpunkt in der Training-Zeit auf die Fachbereiche Mathematik und Deutsch?
Das «T4-Modell» im Detail
- Team-Zeit
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Die Team-Zeit charakterisiert sich durch das soziale Miteinander und ist als Einstiegsphase in einen Schulmorgen zu verstehen und dauert 10 bis 30 Minuten. Ziel ist es, als Klasse zusammen zu wachsen und den Teamgeist zu stärken. Mögliche Aktivitäten sind beispielsweise gemeinsam singen, eine kurze Witze-Rolle, fachliche Themendiskussionen oder die Durchführung eines Klassechats. Diese Phase sollte auf die Bedürfnisse und Wünsche der Schülerinnen und Schüler abgestimmt werden. Sie kann spontan und ohne grosse Vorbereitung durchgeführt werden.
- Trainings-Zeit
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Die Trainings-Zeit dauert normalerweise (und idealerweise) eine Stunde und dient zur individuellen und fachlichen Vertiefung in den Bereichen Mathematik und Deutsch. Die Schülerinnen und Schüler bestimmen selbstständig ihre Lernschritte und arbeiten in ihrem Tempo. Charakterisierend für diese Phase ist die Rolle der Lehrperson, welche in dieser Zeit als Coach agiert und die Schülerinnen und Schüler individuell in ihrem Vorhaben begleitet.
- Themen-Zeit
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Gemeinsam wird ein Thema (zum Beispiel: Schokolade oder Schweiz) gewählt, welches in der Klasse mehrperspektivisch, vernetzt, aktiv entdeckend und handlungsorientiert behandelt wird. Als Orientierung für die Themenwahl ist der Fachbereich Natur, Mensch, Gesellschaft (NMG) zu konsultieren.
- Talent-Zeit
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In dieser produktiven Phase können Schülerinnen und Schüler ihre Stärken und Talente fördern und vertiefen. Innerhalb ihres Interessengebietes wählen die Lernenden ein Projekt aus, welches sie planen, durchführen und auswerten. Die Projekte können an das Klassenthema anknüpfen. Ziel dieser Phase ist das selbstorganisierte, projektartige Arbeiten individuelle, zu zweit oder in Gruppen. Schülerinnen und Schüler lernen ein Projekt zu konzipieren, planen die einzelnen Arbeitsschritte, besorgen die Materialien und holen sich Hilfe, wenn sie diese brauchen. So haben beispielsweise Schülerinnen und Schüler zum Thema Schokolade einen Adventsstand organisiert, an welchem sie Schokolade verkauft haben.
Als Begleitmaterial dient ein Lernjournal, in welchem die Schülerinnen und Schüler ihren Lernweg aufzeichnen, Arbeitsschritte aufschreiben und ihr Lernprozess reflektieren.
Am Ende einer Projektarbeit findet eine Ergebnispräsentation statt. Dabei werden entstandene Produkte präsentiert, Lernerfolge reflektiert und Gelingensbedingungen, sowie Hürden diskutiert. Zum Thema Schokolade haben die Schülerinnen und Schüler aufgezeigt, wie der Weg der Kakaobohne aussieht. Oder haben sich damit befasst, welche Werbestrategie für den Adventsstand am besten funktionieren könnte. Zudem haben sich die Schülerinnen und Schüler mit der Produktion von Schokolade auseinandergesetzt, insbesondere mit Kinderarbeit.
Exemplarisches Beispiel eines Stundenplans (5./6. Klasse)
Das «4T-Modell» rhythmisiert nicht nur den Schulalltag, sondern strukturiert ebenso den Stundenplan.
Organisation
Für die Anwendung des «4T-Modells» bedarf es lediglich eines Raums (oder mehrere Räume, innen und/oder draussen), eine oder mehrere Lehrpersonen, Schülerinnen und Schüler. Die Einbeziehung einer Heilpädagogin/eines Heilpädagogen wäre sicher hilfreich.
Pädagogische Methoden
Das Modell «4T» wird mit praktisch allen Formen umgesetzt. Die drei folgenden Beispiele sind besonders wichtig.
- Projektarbeit
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Die Talent-Zeit ermöglicht ein projektartiges Lernen. Schülerinnen und Schüler schliessen sich zu Gruppen zusammen, generieren Ideen für ein mögliches Projekt und setzen das Projekt um.
- Soziales Lernen
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Das soziale Lernen ist in allen Phasen des Modells ein wichtiger Punkt. In der Team- und Talent-Zeit wird dieses besonders stark gefördert.
- Individualisierung und Differenzierung
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Das «4T-Modell» lässt viel Raum zur individuellen und differenzierten Förderung der Schülerinnen und Schüler. Neben dem Verfolgen der eigenen Stärken und Potentiale, werden die Lernenden in der Talentphase individuell durch die Lehrperson betreut.
Beurteilung
- Evaluation der Schülerinnen und Schüler
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Die Evaluation (insbesondere summativ) der Schülerinnen und Schüler erfolgt wie im «klassischen» Unterricht, da die Lerninhalte dieselben sind.
- Evaluation des 4T-Modells
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Das «4T-Modell» an sich wurde seitens Schülerinnen und Schüler und Eltern «evaluiert»: Die Lehrpersonen fragen regelmässig, wie sie diese Methode finden und holen oft Rückmeldungen ein. So besteht die Möglichkeit, das Modell stetig weiter zu entwickeln und den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler anzupassen.
Herausforderungen für den/die Befragte/n
- Synergien nutzen
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Hilfreich für die Umsetzung und Etablierung des «4T-Modells» ist die Mobilisierung anderer Lehrpersonen. So können nicht nur Synergien genutzt werden, sondern das Modell kann zu einer Schulkultur heranwachsen. Schülerinnen und Schüler werden bereits mit Eintritt in die Schule mit dem Modell und der dahintersteckenden Philosophie vertraut gemacht und können sich so über die Schuljahre hinweg ihren Stärken und Bedürfnissen entsprechend weiterentwickeln.
- Kommunikation
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Eine klare und transparente Kommunikation gegenüber der Elternschaft ist evident. Dabei ist es wichtig, Eltern über die Struktur und Rhythmisierung des Unterrichts aufzuklären und zu verdeutlichen welche Chancen das Modell mit sich bringt. Zweifel und die Wirksamkeit des Modells können so eliminiert werden.
- Individuelle Förderung
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Das selbständige und selbstorganisierte Lernen entspricht nicht jedem Kind in gleichem Masse. Gewisse Lernende brauchen diesbezüglich viel Begleitung, was das Unterrichten nicht per se erleichtert. Dies gilt aber auch im «klassischen» Unterricht und sollte deshalb nicht als Hemmnis erfasst werden, das «4T-Modell» auszuprobieren.
Einfach umzusetzen
Fixfertige Unterrichtssequenzen (Unterlagen) gibt es nicht, da das «4T-Modell» sich eher auf der Organisationsebene des Stundenplans bewegt. Die Klassen arbeiten häufig mit den gleichen Materialien wie in herkömmlichen Schulstrukturen. Dennoch lässt sich das «4T-Modell» leicht in anderen Schulen bzw. Klassen umsetzen. Der modulare Aufbau begünstigt ein Einsatz auf allen Schulstufen.
Das Potenzial des «4T-Modells» liegt in der Erweiterung auf die gesamte Schule (alle Klassen können potenziell einbezogen werden), welche zu einer gesamtschulischen Schulkultur wachsen kann. Eine Schulkultur die BNE-Kompetenzen fördert und sich an BNE-Prinzipien, wie Chancengerechtigkeit und Partizipation orientieren kann.
Es ist nötig, heutzutage die Schulstrukturen so anzupassen, dass die Lehrpersonen ihre Haltungen und Überzeugungen in Bezug auf das Lernen viel besser mit den Schülerinnen und Schülern umsetzen können. In diesem Sinne hilft das «4T-Modell» auch Visionen zu entwickeln, sowohl seitens der Schülerinnen und Schüler als auch der Schule als Institution.
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