Ein gelingender Übergang von der Schule ins Berufsleben
Mit Unterstützung verschiedenster Akteure aus dem Quartier

Kurzbeschrieb
Den Übergang von der obligatorischen Schule in die Berufswelt erfolgreich zu meistern, ist herausfordernd. Verschiedene Akteure sind daran beteiligt: Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrpersonen, Berufsberaterinnen und Berufsberater sowie Unternehmen. Die Bildungslandschaft Grand-Vennes hat den Übergang zwischen der Schule und der Berufswelt vereinfacht und die Jugendlichen besser darauf vorbereitet. Die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteurinnen und Akteuren aus den Schulen, der Jugendarbeit, den Unternehmen und der kantonalen und kommunalen Verwaltung hat die Durchführung verschiedenster Projekte und Aktivitäten ermöglicht. Die Verantwortlichen der Stadt Lausanne haben nach Auswertung der Pilotphase beschlossen, das Angebot auf die ganze Stadt auszuweiten und allen Schülerinnen und Schülern des Zyklus 3 anzubieten.
Bildungsziele
- die schulische, soziale und berufliche Integration durch Stärkung der Selbstwirksamkeit erhöhen
- dank Partizipation das Zusammenleben und Wohlbefinden verbessern
- Netzwerke im Umfeld Schule-Beruf aufbauen, um den Übergang zu erleichtern
- den Jugendlichen in Zusammenarbeit mit Ausbildungsbetrieben eine praxisnahe Berufswahl ermöglichen
Besondere Stärken
- über die langjährige Zusammenarbeit haben sich starke Netzwerke entwickelt, welche langfristige Projekte ermöglichen und gemeinsame Synergien, bspw. auch mit lokalen Unternehmen, nutzen
- viele der Aktivitäten stellen die persönlichen Kompetenzen der Jugendlichen ins Zentrum; deren Selbstwirksamkeit wird gestärkt
- die Schulen entwickeln eigene Projekte ihrem Bedarf entsprechend – sie werden dabei von zahlreichen Akteuren begleitet und können auf diese Weise ihr methodisch-didaktisches Angebot ausbauen
Planung und Durchführung
- Vorbereitung: Breit abgestützte und langfristige Unterstützung aufbauen
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Die Stadt Lausanne hat sich 2014 zum Ziel gesetzt, die Zahl der Jugendlichen, die nach der obligatorischen Schulzeit keine Ausbildungslösung finden, zu senken. Diese Herausforderung zeigte sich in Lausanne umso pointierter, da die Quote der Jugendlichen ohne Ausbildungslösung hier stets höher war als im restlichen Kanton. Lausanne hat sich deshalb am Programm der Bildungslandschaften beteiligt.
Bildungslandschaften sind langfristig orientierte Netzwerke rund um Schulen. Um für längere Zeit in die Vernetzung verschiedenster Akteure und die Koordination von Angeboten investieren zu können, braucht es die Zusicherung der politischen Ebene. Die Einrichtung einer breit abgestützten Steuergruppe mit Vertretungen der Stadt und des Kantons sowie die Wahl einer professionellen Projektleitung sind für den späteren Erfolg zentral. In Lausanne konnten im Quartier Grand-Vennes rund 400 Schülerinnen und Schüler von 2015 bis 2019 im Rahmen eines Pilots reichhaltige Erfahrungen sammeln. Seit 2020 wurde das Angebot auf alle sieben Schulstandorte des Quartiers ausgebaut – davon profitieren inzwischen rund 3600 Schülerinnen und Schüler.
- Aktivitäten durchführen: Dank Eigeninitiative zu innovativen Angeboten
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Die Steuergruppe und die Projektleitung organisieren die Vernetzung und laden hierzu relevante Akteure ein. Dies sind die Schulen (établissements d'enseignement secondaire), städtische und kantonale Dienststellen, lokale Unternehmen und zivilgesellschaftliche Akteure im Bereich der Berufsorientierung. Über den Austausch werden Bedürfnisse und Lücken im Angebot erkannt und nach Bedarf neue Aktivitäten gemeinsam entwickelt. Hierbei entstehen die Angebote vor allem dank Eigeninitiative aller Beteiligten. Teilweise kann die Entwicklung von Angeboten finanziell gefördert werden.
Beispielhafte Angebote im Rahmen von «Transition école – métier»
- Moi, mon réseau, mon futur (Ich, mein Netzwerk, meine Zukunft)
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In Ergänzung zum konventionellen Angebot der Berufsberatenden werden durch Coaches, bspw. Studierende der Psychologie, Workshops für Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse angeboten. Diese setzen sich insbesondere mit ihren persönlichen Fähigkeiten und Netzwerken auseinander. Hierbei spielen auch Kompetenzen eine tragende Rolle, welche ausserhalb der Schule erworben wurden. Die Jugendlichen werden ausserdem konkret bei der Erarbeitung ihres Bewerbungsdossiers unterstützt und Vorstellungsgespräche werden trainiert
- Junior Team
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Da in Lausanne insbesondere nach Ausbruch der Pandemie zu wenig Ausbildungsplätze zur Verfügung standen, hat die Stadt selbst ein «Junior Team» aufgebaut. Dieses innovative Konzept bietet ein günstiges Lernumfeld. Es werden 5 bis 8 Auszubildende desselben Berufs unter der Aufsicht eines hauptamtlichen Ausbildners oder einer hauptamtlichen Ausbildnerin zusammengebracht. Das Team arbeitet mit Auszubildenden verschiedener Niveaus (vom ersten bis zum letzten Ausbildungsjahr) zusammen und fördert so den Wettbewerb, das Lernen von Gleichaltrigen und die Entwicklung eines Teamgeistes. Zum Beispiel ein Team von 5 jungen Leuten in Lausanne, die von einem Ausbildner begleitet wurden und eine Ausbildung zur Koch/ Köchin EFZ absolviert haben. Diese Auszubildenden bereiten täglich 180 Mahlzeiten für eine Betreuungseinrichtung vor und können damit bereits während ihrer Ausbildung eine wichtige Verantwortung und Aufgabe übernehmen. Hier ist ein Video über das "Junior Team in der Küche" (auf Französisch) zu sehen.
Wichtig im «Junior Team» ist das kollektive Lernen unter Gleichaltrigen. Dieses Modell verbindet also praktische Ausbildung mit konkretem Beitrag für die Gemeinschaft.
- Besuche in Unternehmen
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Im Rahmen des Berufswahlunterrichts besuchen die Schülerinnen und Schüler lokale Ausbildungsbetriebe und führen Interviews mit den Lernenden und Ausbildungsverantwortlichen vor Ort durch. Die dabei gewonnen Erkenntnisse präsentieren sie danach wiederum im Unterricht. Die bestehende Vernetzung erleichtert den Zugang zu den Unternehmen. Diese wiederum profitieren durch die persönlichen Kontakte zur Stadt, den Schulen, Jugendlichen und Eltern.
Organisation
Gesamtkoordination :
Ville de Lausanne, Direction de l’enfance, de la jeunesse et des quartiers | Service quartiers, jeunesse et familles / Transition école - métier
- Steuergruppe mit Vertretungen aus Kanton und Gemeinde (Stadt Lausanne)
- pro Schule stehen jeweils 5 bis 6 Kontaktpersonen zur Verfügung, total ca. 40 Lehrpersonen oder Schulleitungen
- Projektleitung der Stadt in Kooperation mit Bildungs- und Berufsberatung, Jugendzentren usw.
- Beirat mit Vertretungen aus den Schulen, dem Bereich «Soziales» sowie «Wirtschaft und Beruf»
Pädagogische Methoden
- Gesamtschulischer Ansatz
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Um wichtige BNE-Themen tiefgreifend und langfristig in der Schule zu verankern, bietet sich der Gesamtinstitutionelle Ansatz an – auch Whole School Approach genannt. Die Schule wird dabei als ein übergreifender Lern-, Arbeits- und Lebensraum gesehen. In dieser Betrachtungsweise werden unter anderem auch das Schulumfeld und ausserschulische Akteure miteinbezogen. Für eine gelingende Gestaltung der Übergänge (Vorschule – Schule oder Schule – Berufswelt) haben sich Bildungslandschaften21 als ein mögliches Modell des gesamtschulischen Ansatzes etabliert. Sie legen den Fokus auf die Vernetzung aller relevanten Akteure, welche die Kinder und Jugendlichen vor, während und nach ihrer Schulkarriere begleiten.
- Peer Involvement
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Einige Angebote, die im Rahmen von «Transition école – métier» entwickelt wurden, basieren auf dem Ansatz des Peer Involvements. Dabei unterstützen und coachen sich die Jugendlichen selbst und gegenseitig, bspw. im Rahmen von Mentorings oder des «kollektiven Lernens». Diese Methode fördert insbesondere die überfachlichen Kompetenzen und steigert die Selbstwirksamkeitsüberzeugung.
Beurteilung
Während der Pilotphase im Quartier Grand-Vennes (Bildungslandschaft) von 2015 bis 2019 wurde vieles ausprobiert und erprobt. Im Rückblick hat gemäss Aussagen der Projektleiterin vielleicht ein Viertel der entstandenen Projekte nicht funktioniert. Bewusst hat man die Hürden für den Aufbau von Angeboten niederschwellig gehalten und einiges versucht, mit dem Risiko zu scheitern. Die anderen Projekte wurden jedoch erfolgreich umgesetzt und haben eine hohe Innovation und Wirkung erzielt. Neue Ausbildungsplätze wurden geschaffen, verschiedene Coaching-, Mentoring- und Workshopangebote eingerichtet. Diese Resultate haben so weit überzeugt, dass das Angebot ab 2021 auf die ganze Stadt ausgeweitet wurde und die Gesamtkoordination ins Regelangebot der Stadt Lausanne (Dienststelle «Transition école-metier») aufgenommen wurde.
Herausforderungen für den/die Befragte/n
Die Rolle der Schulleitungen ist zentral. Sie fällen die Grundsatzentscheidungen und prägen die Kultur und Haltung in einer Schule massgeblich. Da Vieles auf Eigeninitiative der Schulen beruht, ist die Unterstützung durch die Direktion enorm wichtig. Die Schulleitungen kennen die Situation vor Ort und geben die Richtung für künftige Entwicklungen vor.
Einfach umzusetzen ?
Bildungslandschaften sind langfristige Schulentwicklungsprojekte. Eine Bildungslandschaft erfordert die kritische Überprüfung von Haltungsfragen und kann die Schulkultur massgeblich verändern – insbesondere durch die Öffnung gegenüber ausserschulischen Akteuren. Die Schulleitung kann eine solche Entwicklung massgeblich lancieren und beeinflussen. Eine so weitreichende und flächendeckende Vernetzung wie in Lausanne ist ohne die politische Unterstützung – auch in finanzieller Hinsicht – nicht möglich und braucht mehrere Jahre für eine stabile Etablierung.
Mithilfe unserer Toolbox zur Umsetzung von Bildungslandschaften wird der Prozess der Einführung eines solchen Angebots einfacher. Erforderlich ist die Bereitschaft einer Gemeinde, ausreichend Ressourcen langfristig zur Verfügung zu stellen. Kurzfristig sind Investitionen in die Vernetzung und Beziehungsarbeit erforderlich – langfristig ist eine Entlastung durch die Nutzung von Synergien zu erwarten.
Dokumente zum Download
Fiche Durabilité-Métier, DEF Lausanne (auf Französisch)Transition école-métier, Ville de Lausanne (auf Französisch)
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In Kürze
Die Einrichtung der Bildungslandschaft wurde im Rahmen eines Pilots im Quartier Grand-Vennes durch die Jacobs Foundation unterstützt. Aktuell wird die Projektleitung (ca. 70%) durch die Stadt Lausanne getragen und durch kantonale Mittel und einzelne Angebote teilweise durch Stiftungen unterstützt (bspw. Migros Kulturprozent, FONPRO Fondation cantonale pour la formation professionelle, Fondation Eynard Eynard)