Die Schule - ein verbindender Quartiermittelpunkt für Alle

​​Partizipative Gestaltung und Belebung des Schulareals​

«Die Schule soll ein zentraler Ort im Quartier sein, der von allen Bildungspartnern mitgestaltet und belebt wird. Das Engagement lohnt sich für alle!»
​​Huwiler Cécile, Schulleiterin, Sursee​

Kurzbeschrieb

​«Die Schule soll ein Zentrum sein und alle sollen dabei mitsprechen können». Dies ist ​die Vision des Programms der Sozialraumorientierten Schule (SORS) Kotten, welche dem Ansatz einer Bildungslandschaft entspricht. Durch die Vernetzung mit ihrer Umgebung wurde die Schule Kotten zu einem Ort, wo das öffentliche Leben im Quartier zusammenkommt. 

​Die Aussenraumgestaltung des Schulareals wurde partizipativ angegangen. ​Alle Quartierbewohner/-innen von jung bis alt und diejenigen Vereine und Personen, welche die Schulanlage auf irgendeine Art nutzen, wurden eingeladen, an der ​Gestaltung des neuen Aussenraums mitzuwirken. Dieser partizipative Prozess machte den Aussenraum der Schule Kotten schlussendlich zum Ort des Zusammenkommens, wo Menschen sich begegnen und gemeinsam spielen. Die gemeinsame Belebung und Nutzung des Schulareals durch verschiedenste Akteure bleibt ein wichtiger Aspekt der Bildungslandschaft Kotten. Verschiedene Angebote für Kinder von 0-12 Jahren finden regelmässig an der Schule statt.​ 

Bildungsziele

  • ​​Identifikation zur alltäglichen Umgebung und Lebenswelt erfahren 
  • ​Partizipation erleben und erlernen – Selbstwirksamkeit stärken 
  • ​Demokratische Werte des Zusammenlebens und der Vielfalt erkennen​ 

Besondere Stärken

​​Lernen, mit unterschiedlichen Standpunkten umzugehen 

Die Schülerinnen und Schüler erfahren Vielfalt als Potential und lernen den Umgang mit anderen Meinungen, Sichtweisen usw. Sie sind bei der Festlegung von Regeln und bei der Konfliktbewältigung auf dem Pausenplatz eingebunden. 

​Kinderrechte (Recht auf Partizipation) in der Schule umsetzen 

​Die Schülerinnen und Schüler bringen sich aktiv in die Gestaltung und Nutzung ihres Umfelds ein und wirken bei der Entwicklung von Regeln und Abläufen mit. 

Eine Lerngemeinschaft für Vielfalt aufbauen 

​Eltern und Kinder lernen das Schulumfeld und wichtige Schlüsselpersonen bereits vor der Einschulung kennen und werden damit vertraut. Angebote der Frühförderung werden vermehrt genutzt und erhöhen den Eintritt in den freiwilligen Kindergarten. Der Raum wird regelmässig, vielseitig und von verschiedenen Gruppen genutzt. Er ist belebt und entwickelt sich stetig weiter. 

Identifikation mit der Schule stärken 

​Durch die Beteiligung an Entscheiden und Abläufen, gemeinsame Aufräumaktionen gegen Littering usw., wird die Identifikation mit der Schule und dem Lebensumfeld sowohl bei den Kindern, Eltern und dem Schulpersonal gestärkt. Dies trägt zu einer höheren Sorgfalt im Umgang mit der Infrastuktur oder auch zu einer niedrigeren Fluktuation beim Lehrpersonal bei.​ 

Planung und Durchführung

​​Vorbereitung: Konzeptualisierung eines partizipativen Projekts (für alle) 
Die Steuergruppe koordinierte die Akteure und entwickelte Aktivitäten. Der Aussenraum der Schule wurde bewusst partizipativ gestaltet. Es war der Steuergruppe wichtig, alle miteinzubeziehen, welche den Aussenraum nutzen. Der Fantasie der Kinder und Erwachsenen wurde dabei freien Lauf gelassen. 

 

​Aktivität durchführen: Gemeinsam gestaltete sich so Schritt für Schritt ein Aussenraum für alle

​Quartierworkshops für Erwachsene mit Ideensammlung

​Die AG Pausenplatzgestaltung erhob die Bedürfnisse der künftigen Nutzenden. Es wurden insbesondere «Verben» gesammelt, die sie in Verbindung mit dem Platz und ihren Erwartungen bringen, bspw. «rutschen, sitzen, spielen, essen». 

Vollversammlungen der Schule

Die «Wunsch-Verben» aus der Bedarfserhebung wurden in die Funktionsbereiche «Bewegung – Erholung – Begegnung» eingeteilt. Die Schülerinnen und Schüler bauten darauf basierend Modelle ihrer Wunschpausenplätze. Präsentiert wurden diese ersten Ideen durch die Schülerinnen und Schüler der Primar- und Heilpädagogischen Schule im Rahmen von zwei Vollversammlungen. In deren Rahmen konnten von allen Schülerinnen und Schülern weitere Planungsideen und Wünsche formuliert werden.

Umsetzungsvorschläge zu den eingebrachten Ideen

Die beauftragten Landschaftsarchitekten erstellten basierend auf den von den Kindern und Erwachsenen eingebrachten Ideen und Wünschen konkrete Umsetzungsvorschläge. Mit den Schülerinnen und Schülern wurde reflektiert, dass aus den Wünschen und Ideen nur eine Auswahl oder angepasste Formen bis zur Umsetzung gelangen, da verschiedene Ansprüche wie Kosten, Wartungsaufwand usw. gegeneinander abgewogen werden müssen

Realisierung des Aussenraums

Im Rahmen von Aktionstagen und Projektwochen waren Schulklassen eingeladen, bei der Realisierung des Aussenraums, mitzuwirken. Daraus entstanden bspw. Farbsäulen aus Holz, die sich zum späteren Wahrzeichen der Schule entwickelten.

Beispielhafte Angebote im Rahmen der partizipativen Nutzung 

​Erzähltraum

​Mehrsprachige Erziehung bietet Vorteile, insbesondere wenn Kinder frühzeitig mit der deutschen Sprache in Kontakt kommen. Um Chancengerechtigkeit im Bildungsbereich zu fördern, öffnet die Bibliothek Kotten einmal im Monat ihre Türen für Kinder bis 7 Jahre. In Begleitung von Erwachsenen können die Kinder Geschichten hören, Bilderbücher betrachten und ihren Wortschatz erweitern. Durch gemeinsames Spielen und Handeln wird die Bedeutung der Sprache betont, und der Austausch untereinander gefördert. 

​KinderKafi

​Das KinderKafi bietet einen Ort der Begegnung für Kinder und Erwachsene aus dem Quartier. Hier können sie gemeinsam trinken, spielen und aktiv ihre Freizeit gestalten. An einigen Nachmittagen werden die Kinder zu spielerischen, musikalischen oder kreativen Aktivitäten ermutigt. Gleichzeitig ist der "Fachbereich Gesellschaft" vor Ort, der die Primarschulkinder zu Spiel und Sport anregt. Das Angebot richtet sich an Kinder im Alter von 0 bis 12 Jahren, wobei Vorschulkinder von einer erwachsenen Person begleitet werden müssen. 

​Jeux dramatique 

​Kinder der ersten bis sechsten Klasse erleben gemeinsam frei erzählte Geschichten, tauchen in die Welt von Märchenheldinnen und -helden ein, begegnen Königstöchtern, Dummlingen, Drachen und Zwergen. Bei den "Jeux dramatique" schlüpfen die Kinder in die Rollen ihrer Wahl, wobei mehrere die gleiche Figur übernehmen können, und die Begleitpersonen nicht besetzte Rollen abdecken. Durch die Gestaltung einer Spiellandschaft mit einer Vielzahl von Tüchern und dem anschließenden Verkleiden fördert das Spiel Kreativität, persönlichen Ausdruck, sprachliche Fähigkeiten und die Zusammenarbeit mit anderen Kindern. Das gemeinsame Znüni bildet den Abschluss dieser erlebnisreichen Aktivität. 

​LeseTraum 

​Die Förderung des Lesens ist von großer Bedeutung in jedem Schulfach. Der LeseTraum legt besonderen Wert auf die Freude am Lesen und die Verbesserung der Lesefähigkeit. Die Veranstaltung umfasst das Vorlesen durch eine Lehrperson, das Zuhören der Kinder und die Förderung des selbstständigen Lesens. Von September bis März ist eine Gruppe der Schulkinder einmal im Monat in der Bibliothek eingeladen, um sich vertiefend in ein bestimmtes Thema zu lesen. 

​Freiwilliger Schulsport

​Der Freiwillige Schulsport steht allen Kindern der Primarschule Kotten offen und bietet eine zusätzliche Möglichkeit für sportliche Aktivitäten neben dem regulären Unterricht. Im Herbstsemester haben Schüler*innen der 4. bis 6. Klasse die Gelegenheit, Ballspiele zu erlernen. Im Frühlingssemester können Kinder der 1. bis 3. Klasse an einem Programm mit Gruppenspielen teilnehmen. 

​Das Angebot evaluieren und verbessern:  
Die interne Evaluation des Projekts wurde von den Stadtschulen Sursee durchgeführt (siehe Abschnitt "Evaluation"). Die Steuergruppe wurde im Zusammenhang mit dem Abschluss der Projektphase im Juli 2020 aufgelöst und die bewährten Teilprojekte - ErzählTraum, KinderKafi, Jeux dramatique, LeseTraum, freiwilliger Schulsport und offenes Bücherregal, in den Regelbetrieb aufgenommen. 

Organisation

​Die Ko-Leitung für die SORS (Sozialraumorientierte Schule) teilen sich die Schulleitung und eine Lehrperson. 

​Weitere Beteiligte: 

Pädagogische Methoden

​​Reflexion im Unterricht

​Die Angebote im Rahmen der Bildungslandschaft (resp. SORS) finden ausserhalb der Unterrichtszeiten statt. Im Unterricht hat das Thema Partizipation und Vielfalt einen grossen Stellenwert und ist im Kollegium stark verankert. Angestrebt wird, in der Unterrichtsplanung den Aussenraum, das Quartier noch vermehrt als ausserschulischen Lernort einzubeziehen und so den Schülerinnen und Schüler ihren Wohnort noch näher zu bringen. 

Partizipativer Ansatz zur Konfliktbewältigung

Im Rahmen der Angebote sind partizipativ einzelne Regelwerke entstanden bspw. für die Nutzung des Brunnens oder für das Fussballspiel auf dem Pausenplatz. Diese Regeln erhalten Gültigkeit sowohl während der Schulzeit wie auch während der Nutzung in der Freizeit.

​Gesamtschulischer Ansatz

​Die gemeinsame Gestaltung und Nutzung des Aussenraums ermöglicht im Sinne des Gesamtschulischen Ansatz das sich Einbringen der Lernenden in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld und konkrete Veränderungen – nicht «nur» Vermittlung. Sinnvolle Partnerschaften sind entstanden, die weit über die Schule hinauswirken.​ 

Beurteilung

​​Eine interne Evaluation des Projekts wurde von den Gemeindeschulen der Stadt Sursee durchgeführt (Patrick Gämperle, 2023. Evaluationsbericht, vertraulich). Im Folgenden finden Sie Beispiele für die gestellten Fragen und Informationen zur Methodik. 

​Fragestellungen

 

  • ​Wie bewähren sich die vorhandenen SORS (Sozialraumorientierte Schule)-Angebote?  
  • ​Welche zusätzlichen Angebote sind anzustreben?  
  • ​Welchen Gewinn hat die «Sozialraumorientierung» für die Lehrpersonen?  
  • ​Welchen Einfluss hat das Label Profilschule SORS bezüglich Arbeitgeberattraktivität? 
​Methoden
  • ​Sichtung der Angebote im Rahmen von SORS (Website und Flyer)  
  • ​Online-Befragung der Lehrpersonen und der Schüler*innen der 4. – 6. Klasse  
  • ​2 teilstrukturierte-narrative Gruppeninterviews von 30 Minuten mit jeweils 2 – 3 Lehrpersonen, 1 teilstrukturiertes-narratives Gruppeninterview mit 6 Schüler/innen und 1 teilstrukturiertes-narratives Einzelinterview mit der Schulleitung 

Herausforderungen für den/die Befragte/n

​​Das Modell der Bildungslandschaft wird in Sursee mit grosser Überzeugung und Leidenschaft umgesetzt. So hat sich als positiver Nebeneffekt gezeigt, dass die Identifikation mit der Schule, nicht nur bei den Kindern, Eltern und Beteiligten gestiegen ist, sondern auch bei den Lehrpersonen. Dies ist in Zeiten des Fachkräftemangels ein wichtiger Vorteil, da die Fluktuation nachweisbar reduziert wird. 

Die Mitwirkung im Rahmen einer Bildungslandschaft erfordert ein hohes Engagement, eine offene Haltung und Toleranz. Schule, Tagesstrukturen und Freizeit verschmelzen zu einem gesamtheitlichen pädagogischen Anspruch. Der Beziehungsaufbau und die Vernetzung stellen zusätzliche Ansprüche an die sozialen Kompetenzen aller Beteiligten. Durch die vermehrte und durchmischte Nutzung des Schulareals können neue Konflikte erwachsen. Trotz verschiedenster Angebote mit hoher Nutzung und Akzeptanz im Quartier, bleibt es eine Herausforderung, eine gute Durchmischung bei den nutzenden Familien zu erreichen. 

Einfach umzusetzen

​​In Sursee haben die Erfahrungen der Schule Kotten so weit überzeugt, dass in der ganzen Stadt die Einführung des SORS-Modells geprüft wird und damit die Öffnung der Schulen im Sinne von Bildungslandschaften zum Standard werden soll. 

​Bildungslandschaften - resp. Sozialraumorientierte Schulen wie sie im Kanton Luzern genannt werden – sind langfristige Schulentwicklungsprojekte. Eine Bildungslandschaft erfordert die kritische Überprüfung von Haltungsfragen und kann die Schulkultur massgeblich verändern – insbesondere durch die Öffnung gegenüber ausserschulischen Akteuren.  
Mithilfe unserer Toolbox zur Umsetzung von Bildungslandschaften wird der Prozess der Einführung eines solchen Angebots einfacher und bei Bedarf gibt es begleitende Unterstützung. 

​​Erforderlich ist die Bereitschaft einer Gemeinde, ausreichend Ressourcen langfristig zur Verfügung zu stellen. Kurzfristig sind Investitionen in die Vernetzung und Beziehungsarbeit erforderlich – langfristig ist eine Entlastung durch die Nutzung von Synergien zu erwarten. 

Dokumente zum Download

Bildungslandschafaten21
Schulen Kotten

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In Kürze

Schlüsselwörter
Sozialraum im Stadtteil, Partizipative Planung, Engagierte Akteure, Partizipation, Gemeingüter, Zusammenleben in der Schule
Typ
In Bildungslandschaften
Kindergarten & Primarschule Kotten
Anzahl der Kinder
150
Ort
Sursee
Kanton
Zeitlicher Aufwand
Langfristig
Vorbereitungszeit
​​Erfahrungsgemäss mind. 6 Mt., eher länger d. h. mehrere Jahre (je nach Grösse Projekt und Budget)​
Kosten

Einrichtung der Bildungslandschaft wurde im Rahmen eines Pilots durch die Jacobs Foundation unterstützt; Kosten Projektleitung / Koordination ca. 40'000 CHF im Jahr 

Form der Bewertung
formativ
Lehrplanbezüge